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  • samtweich

Gewalt gegen Frauen: Lösen härtere Strafen wirklich das Problem?



Umfragen ergeben, dass jede dritte Frau in Deutschland Gewalt in der Partnerschaft erlebt hat und 13 Prozent aller befragten LGBTIQ-Personen schon einmal körperlich oder sexuell angegriffen wurden.

In der Gesellschaft wird das als ein Einzelfall betitelt oder mit einer einfachen Handbewegung weggewischt. Doch in Wirklichkeit ist es ein ernstzunehmendes Thema, mit welchem wir uns alle auseinandersetzten müssen.


Wo beginnt Gewalt und muss diese immer sichtbar sein? Meiner Meinung nach nicht, denn selbst in der Kommunikation erleben wir tagtäglich Gewalt in Form von respektlosen Äußerungen und Schimpfwörtern. 35 Prozent aller Frauen werden Opfer körperlicher und/oder sexueller Gewalt und das sind nur die Zahlen die an die Öffentlichkeit geraten. Scham und Angst ist noch immer viel zu groß, wieso die Dunkelziffer nicht mal ansatzweise ermittelt werden kann.


Leider zeigt sich die Justiz, die Medien und auch die Gesellschaft nicht offen gegenüber einem Thema, welches traumatisierenden Folgen hat. Manche Fälle sind so gravierend, dass die körperliche und seelische Verfassung auf einen Tiefpunkt gerät. Es ist eine Tatsache, dass Frauen im 21. Jhd. noch immer Angst vor den Folgen haben, die nicht existieren sollten.

"Ach jetzt hab dich doch nicht so, er war eben schlecht drauf", "Du übertreibst", "Bist du dir sicher, dass du nicht ein bisschen dramatisierst?", "Du hast es doch auch provoziert" -

Frauen wie du und ich haben mindestens einmal in ihrem Leben einen Satz wie diesen gehört. Es wird legitimiert, dass Gewalt eine Lösung ist. Das Problem ist das männliche Besitzdenken und auch die Vergewaltigungskultur, in welcher die Täter geschützt werden.


Nicht nur in Europa, dem westlichen Teil der Welt, ist dieses Thema zu diskutieren - vor allem hier, in einem sehr reichen Staat, in welchem Geld regiert und denen geglaubt wird, die Geld haben, ist die Gewalt gegen Frauen, welche hinter verschlossenen Türen passiert, ernst zunehmen. Am schlimmsten ist es, wenn du nicht hier geboren bist, denn bereits beim Einreisen wurde verdeutlicht, dass du hier keine Rechte hast und in Kombination als Frau schon gar nicht.


Vergewaltigungen und brutale Misshandlungen werden hier nicht untersucht, denn "du hast es ja provozierst, wenn du dich so kleidest".


Einige Fälle zeigen, dass Mädchen aus Mexiko, Spanien und den USA, die ihren Fall angezeigt haben, dafür verantwortlich gemacht werden, dass es zu der Tat gekommen ist. Es glaubt dir hier sowieso keiner und wenn es im schlimmsten Fall zu einer Schwangerschaft kommt, wanderst du hier ins Gefängnis und wirst nicht untersucht. Denn du bist nicht verheiratet.

Vielleicht sollte diese ganze bizarre Realität von außen beachtet werden: In was für einer Welt leben wir, dass Männer ein solches Recht haben.

In einem Interview sagte Justizminister Marco Buschmann: „Jeden Tag erfahren Frauen Gewalt durch Männer – einfach nur, weil sie frei und selbstbestimmt leben wollen. Jeden Tag werden Frauen verletzt, traumatisiert oder sogar getötet – weil sie sich männlichem Herrschaftswahn widersetzen. Auch in unserem Land ist das Ausmaß frauenfeindlicher Gewalt erschütternd.“

Der Spagat ist enorm und die Schere in den einzelnen Ländern klafft weit auseinander. Auch in Deutschland wird es immer schlimmer. 2021 wurden erstmals mehr Frauen als Männer getötet und wenn wir ein Blick in die Politik werfen, wurde absolut nicht getan um dagegen vorzugehen oder um das zu verhindert.

Buschmann will das durch die Reform des § 46 StGB ändern, denn durch diesen Paragraphen wird eine Tat schärfer bestraft. Es soll ein Zeichen gesetzt werden, dass patriarchale Strukturen der Auslöser von Gewalt sind.

Sicherlich ist das ein richtiger Schritt in die Richtung, welche fokussiert werden sollte, doch solche Reformen sind längst überfällig und hätten bereits vor vielen Jahren in das StGB aufgenommen werden müssen. Es zeigt wie immer, dass immer erst dann gehandelt wird, wenn bereits ein Ausmaß erreicht wurde, welches nicht mehr greifbar ist.


Allerdings stellt sich hier die Frage, ob die Gesetzesänderung wirklich hilfreich ist? Ist die Reform die Lösung für das Problem der sexuellen Gewalt gegen Frauen? Sind härtere Strafen wirklich die Lösung patriarchale Gewalt zu beseitigen?


Recherchen ergeben, dass es nicht die Lösung ist, vielleicht ein Versuch, damit auch die Justiz behaupten kann, sie würde etwas tun. Nur bei einem Prozent der Vergewaltigungen, von fünf bis 15 Prozent der Frauen, die sich der Polizei stellen, wird der Täter verurteilt. Es ist erschreckend, dass Scham, Angst vor Retraumatisierung, die unsensible Beamt:innen und die Nähe zum Täter größer ist, als das Recht darauf, dass die Tat bestraft wird. Leider wird ihnen viel zu oft nicht geglaubt oder sogar eine Mitschuld an der Tat gegeben und das wird nicht besser durch härtere Strafen.


Es sollte mehr Aufklärungs- und Sensiblisierungsarbeit geleistet werden, denn die Opfer müssen sich aufgehoben und ernstgenommen fühlen. Sie müssen das Gefühl haben, dass wirklich was getan wird und sie in Sicherheit sind. Fortbildungen für Ermittler:innen, Staats­an­wäl­t:in­nen und Rich­te­r:in­nen sollten zur Weiterbildung verpflichtend sein.

Keine Frau sollte bei ihrem Partner bleiben müssen, weil sie sich keine Wohnung leisten kann. Armut und die Angst vor Obdachlosigkeit, vor allem als Alleinerziehende ist riesig und hindert viele Frauen daran, sich aus der patriarchale Gewalt zu lösen. Mehr Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen mit gut ausgebildetem Personal, welches dementsprechend bezahlt wird, wird benötigt und ist viel wichtiger, als ein Gesetz zu etablieren, welches das Kernproblem nicht löst.

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